Warum Affenhirn gut schmecken kann

Thomas O. Höllmann „Schlafendes Lotus, trunkenes Huhn – Kulturgeschichte der chinesischen Küche“, 255 Seiten, 19,95 €, ISBN: 978-3406605390;

Neulich erst las ich von einem Besucher in einem China-Restaurantg, der verstört das Weite suchte, weil die Leute um ihn herum ständig rülpsten. China ist anders, und das Essen ist es auch. Denn merke: „Die Chinesen essen alles, was vier Beine hat und kein Tisch ist!“ Ausgehend von dieser Weisheit erklärt der Sinologe Thomas O. Höllmann auf amüsante Weise die chinesische Küche.

Dabei ist das Essen eine bierernste Sache im fernen Osten: „Wenn etwas den Chinesen zu völligem Ernst zwingt, so ist es weder die Religion noch die Bildung, sondern das Essen“, so hat es der chinesische Autor Lin Yutang formuliert.

Und Maos einstiger Kampfgefährte Tan Zhenlin  definierte  1967 seine Staatslehre so:  „Was bedeutet Kommunismus? Zunächst bedarf es guten Essens. Sich lediglich satt zu essen, reicht nicht. Zu jeder Mahlzeit gehören Huhn, Schwein, Fisch oder Eier, und nach Bedarf erhält man Affenhirn, Schwalbennester und weiße Wolkenohrpilze.“

So etwas fördert natürlich Missverständnisse gerade im Westen, und mit denen räumt Höllmann in seiner höchst amüsanten Kulturgeschichte auf. Schon die regionalen Unterschiede gibt es nicht. Affenhirn und ähnliches sind nur in Südchina beliebt, im Norden lösen sie ähnlichen Ekel aus wie in Europa.

Warum das so ist? Nun, Chinesen sind nicht Chinesen, das Milliardenreich ist ein Vielvölkerland und eines mit unzähligen Religionen. Auch die beeinflussen natürlich das Essen sehr stark. Und dann spielt natürlich auch noch die Geschichte eine Rolle. So etwas wie eine Küchenkultur gab es im Fernen Osten schon, als sich in Europa noch Römer und Germanen in dunklen Wäldern die Köpfe einschlugen.

Ein wunderbares Buch, es weckt nicht nur den Appetit auf eine wunderbar vielfältige Küche, es offenbart auch Verständnis für die Ursprünge, die Bedeutungen und die Sitten und Gebräuche. Nur eine Kritik möchte ich äußern: Das vom C.H.Beck-Verlag auch noch liebevoll editierte Werk hat nur 240 Seiten. Ich hätte gerne das Doppelte gelesen, angesichts der Wissenfülle des Professor Höllmann.

Bewertung: *****

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