Freiheit als Gift für die seligmachende Liebe

Sven Hillenkamp „Das Ende der Liebe“, 311 Seiten, 22,90 €, Klett-Cotta, ISBN: 978-3608946086;

Hillenkamp

„Überall ist Disco“, schreibt Hillenkamp. Und das ist die Kernthese seines ganz und gar unsachlichen Sachbuchs. Die unendliche Freiheit, in der wir in unserer individualisierten Gesellschaft leben, bedroht die Authenzität unserer Gefühle. Oder um es banal zu sagen: Wenn wir uns jeden Tag aufs Neue verlieben können, warum sollen wir dann um eine bestehende Beziehung noch kämpfen?

Nein, ich glaube nicht jeden Satz, jedes Beispiel von Hillenkamp, aber seine Grundthese der allgemeinen Gefühlsüberforderung durch fehlende Normen, die leuchtet mir nicht nur ein, die erlebe ich tagtäglich in meinen sozialen Umfeld.

Frauen, die nach Beziehungen lechzen, aber keine haben, weil sie an ihren Erwartungen scheitern, Männer, die von ihren Beziehungen überfordert sind und statt zu reden, aushäusig werden. Und das sind nur zwei Symptome.

„Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten Menschen vor ihr fürchten“, hat George Bernard Shaw einst gesagt. Die grenzenlose Freiheit oder das Verschwinden von immer mehr Zwängen und Notwendigkeiten überfordert viele  Menschen. Wer immer das haben will, das er gerade nicht hat, wird nie genug bekommen.

Alles scheint möglich zu sein, im Beruf genauso wie im Privatleben. Und wer das Gewünschte nicht erreicht, hat eben versagt. Er schämt sich, ist verzweifelt. Selbstbeschränkung, Beschränkung aufs Machbare ist kein Wert an sich.

Hillenkamp, Soziologe und Journalist, gibt zu, dass er maßlos übertreibt, aber er legt den Finger in die Wunde. Sein Buch regt zum Nachdenken an, auch wenn der Langzeitarbeitslose kaum mehr daran glaubt, alle Chancen zu haben, und die alleinerziehende, mittellose Mutter mit vier halbwüchsigen Kindern schon ein großes Chuzpe mitbringen muss, um daran zu glauben, dass jeder Mann erreichbar ist.

Ob die Vernunftehe, wie sie der 38-jährige Autor als Fazit offeriert, die Probleme löst, halte ich für genauso überzogen wie den Rest des Buches. Aber die Botschaft ist klar: Maßhalten und Selbstdisziplin. Und wer diesen Gedankenanstoß mitnimmt, dem hat dieses erstaunliche Buch dann doch etwas gegeben.

Bewertung: *****


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