Was früher alles besser war

Michael Miersch/Henryk M. Broder/Josef Joffe/Dirk Maxeiner „Früher war alles besser“, 244 Seiten, 16,99 €, Knaus, ISBN: 978-3813503852;

Da haben sich ja die Richtigen zusammengefunden: Chefzyniker Henryk M. Broder, der ehemalige Natur-Chefredakteur Maxeiner und dessen Kumpel Miersch und nicht zuletzt der frühere SZ-Redakteur und jetzige Zeit-Herausgeber Josef Joffe. Das ungleiche Quartett erinnert sich: Früher ar alles besser, diesen Satz kennen wir ja zur Genüge von Eltern, Großeltern und Vorgängern im Amt.

„Rücksichtsloser Rückblick“ haben sie ihre Essay-Sammlung genannt, um eine heile Welt zu beschreiben, als die Welt noch in Ost und West geteilt war, als es kein Internet gab und Fliegen ein Luxus war. „Damals gab es von allem viel mehr“, zitieren die Autoren in ihrem Vorwort den berühmten und wie immer unwiderlegbaren Alltags-Philosophen Käpt’n Blaubär. Die vier alternden Männer ordnen ihre Erinnerung immerhin richtig ein: „Kaum verschreibt der Augenarzt die erste Gleitsichtbrille, reift die Überzeugung, dass früher alles besser war.“

Alphabetisch ordnen sie ihre Anekdoten und fangen an, wie es sich gehört mit Adenauer und dessen berühmten Ausspruch „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ Alkohol am Steuer, das war – ja, so ist es – früher die Ausnahme und heute die Regel, und war „Ami-Flittchen“ waren, weiß niemand so gut, wie jene, die die Nachkriegszeit bewusst erlebt haben.

Brave Kinder gibt’s nicht mehr, den Bürgerschreck allerdings auch nicht. Die Flurbereinigung ist erledigt, und das Fondue hat auch irgendwie jeglichen Reiz verloren. Früher war eben alles … Während die Jahreszeiten heute Beweis sind, dass es die Klimakatastrophe wirklich gibt, sind Intellektuelle heute zwar Standard, aber Bedeutung haben sie keine mehr – meinen jedenfalls die vier Intellektuellen, die dieses amüsante Buch geschrieben haben.

Lurchi, kennen Sie noch Lurchi, die Werbefigur des ebenfalls schon vergessenen Schuhherstellers Salamander? Nicht? Dann sollten sie dieses Buch nicht lesen. Falls doch, dann wünsche ich Ihnen viel Spaß. Dann können Sie bestimmt auch mit dem Sozialismus was anfangen, den zwar heute die Hälfte aller Deutschen als gute Idee ansieht, der aber spätestens 1989 untergegangen ist.

Immerhin, nicht alles war früher besser: Die Zahl der Verkehrstoten hat sich von 1970 (19193) hat sich bis heute (2009: 4160) mehr als geviertelt. Das ist doch was.

Bewertung: ****

 


Diesen Beitrag bookmarken bei Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • MisterWong
  • Y!GG
  • Webnews
  • del.icio.us
  • Facebook
  • Technorati
  • Google Bookmarks
  • YahooMyWeb
  • TwitThis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert