Oberammergau: Das meiste ist, wie es war

Hans Michael Koetzle (Hrsg.) „Oberammergau Life & Passion 1870-1922“, 128 Seiten, 24 €, Hirmer, ISBN: 978-3777427416;

Der neue Bundespräsident war erst vor ein paar Tagen da, und nach anfänglicher Skepsis haben die Oberammergauer auch keine Sorgen mehr über ausbleibende amerikanische Touristen: Das berühmteste Passionsspiel der Welt ist auch heuer wieder ein Besuchermagnet. Da lohnt es sich doch zurückzuschauen, wie’s damals war, vor 100 Jahren, in dem kleinen Bergdorf.

Im Jahr 1633,  mitten im 30-jährigen Krieg, als die Pest auch in Oberammergau wütete, gelobten die Bewohner des kleinen Ortes fortan aus Dank für ihr Überleben, regelmäßig ein Passionsspiel aufzuführen. Alle zehn Jahre findet es statt und bis heute dürfen nur Einheimische mitspielen. Das ganze Dorf nimmt teil und mit Christian Stückl, dem Intendanten des Münchner Volkstheaters, führt seit 1990 ein Profi Regie.

Frömmigkeit symbolisiert das Passionsspiel bis heute, die in diesem Bildband vereinigten historischen Fotos aus den Jahren 1870 bis 1992 aus dem Privatarchiv der Familie Lang zeugen indes von einerGottesfürchtigkeit, die den heutigen Passionsspielern abgekommen ist.

Jedes der Fotos, schwarz-weiß oder von Hand koloriert, erzählt eine eigene Geschichte. „Fotografierte Leidenschaft“, so hat es der Herausgeber Hans-Michael Koetzle in seinem Vorwort genannt und verweist darau, dass Oberammergau schon vor dem Aufkommen der Fotografie ein „Ort der Bilder“ war, nicht zuletzt durch die in Oberbayern übliche Lüftlmalerei an den Häusern.

Die 100 Jahre alten Fotos zeigen würdige alte Herren mit eindrucksvollen Bärten, in Trachten, wie sie bis heute gepflegt werden. Und sie dokumentieren die Mühsal, mit der seinerzeit Kulissen wie die Kreuzigungsgruppe mit einem dampfbetriebenen Gefährt über den Ettaler Berg hinauf nach Oberammergau geschafft wurden.

Oberammergau als Bühne für das alte Oberbayern. Die Passionsspiele lockten namhafte Fotografen an. Sie dokumentierten ein Leben, was für jeden Auswärtigen aus heutiger Perspektive anachronistisch erscheint. Und doch werden die Traditionen bis heute gepflegt: Die Bärte mögen kürzer sein, das Haupthaar dürfen die Darsteller auch heute nicht schneiden – wie anno 1870.

Ein Muss ist dieses Bilderbuch für alle Besucher der Passion und Freunde oberbayerischen Traditionen.

Bewertung: *****

Short URL for this post: http://bit.ly/bH2DBE
Diesen Beitrag bookmarken bei Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • MisterWong
  • Y!GG
  • Webnews
  • del.icio.us
  • Facebook
  • Technorati
  • Google Bookmarks
  • YahooMyWeb
  • TwitThis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert