Die Bürger vertrauen den Journalisten nicht mehr
7. Januar 2010 von Joachim
Prof. Wolfgang Donsbach u. a. „Entzauberung eines Berufs“, 172 Seiten, 24,90 €, UVK, ISBN: 978-3867641920;
Journalisten leben in einem permanenten Widerspruch: Zum einen haben sie einen vielfach beneideten Beruf, weil sie – wie’s heißt – überall freien Eintritt bekommen (schön wär’s?), Traumreisen geschenkt bekommen (manche schon) und Macht haben (auch so eine Mär). Zum anderen werden sie verachtet, gelten als korrupt und manipulativ und leiden unter einer Krise, die im Kern mit der Weltwirtschaftskrise nichts zu tun hat. Und nun auch noch so eine Studie.
Vertrauen und Glaubwürdigkeit sind das Grundkapital des Journalisten. Und genau darum steht es so schlecht. Laut Donsbachs Studie vertrauen nur noch 35 Prozent der Deutschen, dem was Journalisten verbreiten. Das Vertrauen in Ärzte, Professoren und Lehrer – um nur einige Berufe zu nennen – ist ungleich größer. Noch schlimmer: Gerade die jungen Erwachsenen haben sich dem Journalismus entsagt.
Über 1000 erwachsene Deutsche haben Donsbach und seine Mitstreiter zwischen November 2007 und Januar 2008 befragt: Mit eindeutigen Ergebnissen. Die Bürger haben hohe Erwartungen an Journalisten – und sie werden entäuscht. Dass Journalisten als rücksichtslos und egoistisch betrachtet werden, liegt allerdings nicht allein an diesen. Der Wettbewerb (der Medien) ist in den vergangenen Jahren größer geworden, die Redaktionen kleiner, die Zeit zum Recherchieren weniger.
Allerdings glauben die Leute auch, dass die Medien zu viel Macht haben. Ja, viele Menschen halten sie für mächtiger als die Politiker, die sie bestensfalls kontrollieren sollen. Dazu vermissen die Menschen Objektivität in der Berichterstattung und Distanz und Feingefühl. Ganz schlimm: Eine deutliche Mehrheit hält Journalisten auch noch für käuflich.
Dabei braucht die Gesellschaft mehr denn je professionelle Journalisten – in Zeiten wie diesen, in denen Blogs und andere Amateurangebote aus dem Boden schießen wie Pilze. Wolfgang Donsbach, Professor und Direktor des Instituts für Kommunikationswissenschafts an der TU Dresden, fordert ein grundsätzliches Umdenken: Professionelle Recherche, wahrheitsgemäße Berichterstattung und nicht zuletzt ein Schuss Demut seien ein Schritt, um Vertrauen zurückzugewinnen, ist Donsbach überzeugt.
Für Journalisten ist diesese Studie Pflichtstoff.
Bewertung: ****
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[…] mit dem Titel “Die Entzauberung eines Berufs” (Eine Besprechung findet sich hier). Er und seine Mitarbeiter hatten Bürger befragt, was sie von Journalisten halten. Ein Ergebnis: […]
[…] Dominique Strauss-Kahn ist so eine Art franzöischer Guttenberg. Nicht, dass dieser seine Frau betrogen hat, Gott bewahre, aber beide haben sich nicht an die Regeln gehalten und haben Schwierigkeiten, dies zuzugeben. Und wer schreibt darüber? Klar, wir Journalisten, wer sonst? Aber aufgemerkt, werfen wir nicht mit Steinen, wenn wir im Glashaus sitzen. Der Journalistik-Professor Wolfgang Donsbach kann davon ein Lied singen. Er hat das öffentliche Ansehen der deutschen Journalisten untersucht und ist auf wenig Schmeichelhaftes gestoßen (mehr dazu). […]