Ein Patriarch voller Empfindsamkeit

Alfred Neven DuMont „Reise zu Lena“, 255 Seiten, 19,90 €, Frankfurter Verlagsanstalt, ISBN: 978-3627001582;

lena

Der Kölner Zeitungspatriarch ist mit 81 Jahren sicher der älteste Romandebütantin der deutschen Literaturgeschichte und einer der am meisten beachteten. Denn im eigentlichen Leben ist Alfred Neven DuMont einer der erfolgreichsten Zeitujngsverleger und damit eher für Fakten denn für Fiction zu haben.

In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau, an der er vor einigen Jahren die Mehrheit erwarb, nennt sich der „Alte“ einen maßlosen Menschen. Maßlos deshalb, weil er pausenlos beschäftigt sein muss. Und so schrieb er „Reise zu Lena“, wann immer freie Zeit hatte, an den Wochenenden und im Urlaub.

Und in der Tat zeigt der Roman die Vielseitigkeit des Autors auf und eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben und dem Tod des Sohnes vor 14 Jahren. Im Mittelpunkt steht Albert, viele Jahre erfolgreicher Unternehmer und nun ein „alter Mann“, wie’s gleich im ersten Satz heißt, aber einer – und da ist’s aus mit den Parallelen, der unter Parkinson und einer übermächtigen Ehefrau leidet.

Die zweite wichtige Frau  für den alten Mann ist die Tochter Glorie, verunglückt bei einem Tauchunfall in einem Urlaub mit ihrer Freundin Chrissie. Und dann ist da nch deren Pflegemutter Lena, die dem Buch seinen Namen gab – und in diesich Albert verliebt, als er die Wahrheit über den Tod seiner Tochter erfahren will.

Ein Frauenroman also, geschrieben von einem Mann, der gemeinhin das Patriachat verkörpert. Erstaunlich, sehr erstaunlich und vor allem interessant. „Warum habe ich immer geschwiegen? Nie von mir selbst gesprochen“, sagt Albert einmal, ziemlich am Anfang des Buches – und rührt im Schmerz einer ganzen Generation, der im Krieg groß gewordenen.

Es ist viel von Tod die Rede in diesem Roman: Glories Ende, auch Alberts Schwägerin liegt im Sterben – und immer sind es Frauen, die sie begleiten. Auch dies ist eine Wunde der DuMont’schen Generation (obwohl sich dies bis heute wohl kaum geändert hat).

Alfred Neven DuMont ist ein kunstbeflissener, feinsinniger Mann, ein Dichter ist er nicht. Dazu fehlt ihm die spielerische Leichtigkeit im Gebrauch der Sprache, auch die Eindrücklichkeit der Bilder. Und doch spricht aus seinem Roman große Kraft, eine nicht zu erwartende Empfindsamkeit und der Wille zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich.

„Reise zu Lena“ ist empfehlenswert.

Bewertung: *****

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