Grigori Rjaschski „Moskau, Bel Ètage“, 399 Seiten, 22,95 €, Kiepenheuer & Witsch, ISBN: 978-3462040715;

Und noch so ein Versuch, Geschichte aus der Perspektive der Bewohner eines Hauses zu erzählen. „Bel Étage“, das klingt nach Großbürgerlichkeit, Reichtum und Frankophonie. Und damit fängt es auch tatsächlich an in dem Haus in der Trjochprudny-Gasse in Moskau.

Im Mittelpunkt steht eine starke Frau. Rosa Mirskaja (vormals Markowna)  ist die Gattin des Architekten Semjon Mirski, einem angesehenen Mitglied der Moskauer Großbürgerklasse und nebenbei auch Erbauer des prächtigen Jugendstilhauses, in dem die Familie wohnt – mitten im Moskauer Zentrum.

Am Ende des Romans wird die Jüdin Rosa Mirskaja fast 100 Jahre alt sein und hat Epochenwechsel durchlebt: Die Oktoberrevolution, die sowjetischen Anfänge unter Lenin, die Stalinzeit und all die anderen Machthaber bis zum Zusammenbruch des Imperiums vor bald 20 Jahren. Die Zeiten gehen, die Menschen bleiben – in diesem Haus jedenfalls.

Rjaschski, eigentlich Filmemacher und Cousin der weit bekannteren Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja, glänzt durch hintergründigen Humor, der seine Protagonisten auch furchtbare Zeiten überstehen lässt, und durch plausible Charakterzeichnungen.

Im Mittelpunkt: Rosa, Semjo, ihr Mann, ein Schürzenjäger, der sich ständig am Dienstmädchen befriedigt, ihr gemeinsames Kind Boris, das Bankert vom Dienstmädchen. Und ja, der Sex. Er spielt immer wieder eine Rolle, aber eher das Triebhafte darin. Wahre Liebe, sie ist nur selten im Spiel.

Dafür aber jede Menge obskurer Gestalten, die kommen und gehen. Geheimdienstler, Gauner, Liebende und Gewalttätige – ein opulentes Generationenbild, das den Wandel der russischen Gesellschaft erzählt und auch deren Beharrungsvermögen.

Spannend, amüsant, mit so mancher Länge, aber durchaus eine Lektüre, von der  man sich gerne einfangen lässt.

Bewertung: ****

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Lauter Lesenswertes

Rosa übersteht auch die ärgsten Zeiten

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