Zwischen postpubertierend und internationalem Adel

Richard K. Breuer/Gunther Eckert „Rotkäppchen 2069“, 324 Seiten, 19,90 €, Eigenverlag, ISBN: 978-3950249804;

Richard K. Breuer „Die Liebesnacht des Dichters Tiret“, 230 Seiten, 17,90 €, ISBN: 978-3950249811;(beide Bücher erhältlich über den Autor, www.1668.cc);

Ist das Buchmarketing der Zukunft? Richard K. Breuer, seinem Vernehmen nach einer der bedeutendsten Wiener Gegenwartsautoren, ist mit seinen im Eigenverlag verlegten Büchern im Netz überall präsent – glänzend gemacht. Über die Qualität seiner Werke kann man indes geteilter Meinung sein.

Eigentlich mag ich über „Schneewittchen 2069 – reloaded“, erschienen vor ein paar Wochen in einer mit Zeichnungen von Gunther Eckert erweiterten Version, gar nichts schreiben. Lieber nicht. Denn im Unterschied zu anderen Kritikern (im Web) finde ich da gar nichts genial.

Ich halte das Stück – im Grund ist es männlich-postpubertäres Stammtisch-Geschwätz – nicht für angemessen, zwischen zwei Buchdeckel gepresst zu werden. Es gibt keine wirkliche Handlung, nur erotomanisches Gestammel, und ein paar Zeichnungen mit jenem Sinngehalt, wie sie Oberstufen-Schüler gemeinhin im langweiligen Religions-Unterricht anfertigen.

Und trotzdem hat Rotkäppchen das Zeug zum Kult. Breuers Selbstmarketing und das Abseitige mögen viele Leser sich hip fühlen lassen. Immerhin: Man setzt sich ab. Darum findet auch Porno-Ritchies „Cyberspace-Komödie“ bestimmt ihre Fans.

Bewertung: *

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Ganz anders „Die Liesbesnacht des Dichters Tiret“, der Einstieg in Breuers Auseinandersetzung mit der Franzöischen Revolution. Hier hat Breuer recherchiert und erzählt eine verschachtelte Liebesgeschichte aus der Welt des internationalen Adels.

Sprachlich ist Breuer nun erwachsen geworden („Schneewittchen“ ist sein Erstling). Mehr noch, er will sich stilistisch an die Epoche anpassen, über die er berichtet. Das Höfische kommt bisweilen etwas künstlich daher, passt aber zum Inhalt.

Für den „Helden“, den Gelehrten Mickiewicz, gibt’s womöglich ein Vorbild: den gleichnamigen polnischen Nationaldichter und Freiheitskämpfer. Lebte zwar erst im folgenden Jahrhundert, aber egal. Und Mirabeau, nachdem dieser Band I. von Kremers Revolutionsforschung benannt ist,  war eine der wichtigsten Figuren des Umsturzes 1792 in Frankreich.

Mit Fußnoten erweckt der Autor den Eindruck wissenschaftlicher Akribie. Tatsächlich verstecken sich dahinter viele interessante Zusatzinfos. Die kursiv-gedruckten Zitate des Grafen Mirabeau bringen die Geschichte indes nicht wirklich vorwärts.

Ich weiß ja nicht, ob Richard K. Breuer aktiv nach einem Verleger gesucht hat. Falls ja, und er hat keinen gefunden, wundert es nicht unbedingt. Gleichwohl ist „Die Liebesnacht des Dichters Tiret“ ein Einstieg. Das in der Danksagung zitierte Schnitzler-Wort „Ich müßte eigentlich noch berühmter sein“ ist … naja … gelungenes Selbstmarketing, vielleicht?

Bewertung: ***

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3 Gedanken zu „Zwischen postpubertierend und internationalem Adel

  1. Der werte Herr hatte mich auch zwecks Rezension angeschrieben. Ich fühle mich in meiner Entscheidung bestärkt, nichts dergleichen zu tun, und mehr noch darin, nichts zu rezensieren, was nicht in einem öffentlich präsenten Verlag erschienen ist (mit einer Ausnahme, bei der ich erst hinterher erfuhr, daß die Autorin in einem Zuschußverlag veröffentlichte). LG tinius

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