In Istanbul wechseln Blues und Volksmusik

Annette Großbongardt „Istanbul Blues“, 224 Seiten, 17,90 €, Rowohlt, ISBN: 978-3871346170;

Noch eine deutsche Journalistin, die uns aus dem Innenleben dieses faszinierenden Landes berichtet. Nach  Jürgen Gottschlich von der TAZ und Sibylle Thelen von der Stuttgarter Zeitung hat nun die ehemalige Spiegel-Korrespondentin Annette Großbongardt einen „Istanbul-Blues“ geschrieben.

Kopftupf ist nicht gleich Islamismus. Eine islamistische Partei (wie die AKP) symbolisiert nicht unbedingt den Rückschritt, sondern womöglich die gesellschaftliche Liberalisierung. Und trotzdem ist der Fortschritt ins Stocken geraten und der nur halbherzig entschärfte Verfassungsparagraf 301 über die Strafbarkeit der so genannten „Beleidigung des Türkentums“ machen berechtigte Sorge.

Wie alle deutschen Korrespondenten lebte und arbeitete Großbongardt, die von 2005 bis 2007 im Land war, von Istanbul aus. Die 15-Millionen-Metropole ist das Schwungrad des Landes, modern und aufgeklärt, ultrareligiös und patriarchalisch. Alle Gegensätze des Landes finden hier statt – so wie das gesamte Buch.

Leider wirkt es ein bisschen wie eine Sammlung von Reportagen . Inhalte und Themen wiederholen sich. Der Leser kann sich sicher sein, dass Frau Großbongardt immer wieder zu dem Schluss kommt: Die Türkei steckt voller Widersprüche, oder – wie schon der Titel sagt – „zwischen Tradition und Moderne“. Nur: Irgendwann wissen wir, dass sich alles auf den Konflikt zwischen (angeblich) islamischen und (tatsächlich) laizistischen Kräften reduzieren lässt.

Immerhin hat sie mit unzähligen Menschen gesprochen. Sie schreibt sehr flott und eingängig, featured ihre Texte sehr schön an und verfügt über viel Hintergrundwissen und Verständnis für die türkische Seele.

Ein empfehlenswertes Buch, aber mit Einschränkungen. Sibylle Thelens „Stadt unter Strom“ hat mich emotional stärker angesprochen.

Bewertung: ****

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Ein Gedanke zu „In Istanbul wechseln Blues und Volksmusik

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