Die Rückkehr zur inneren Harmonie

Siri Hustvedt „Die zitternde Frau – Eine Geschichte meiner Nerven“, 224 Seiten, 18,90 €, Rowohlt, ISBN: 978-3498030025;

„Was ich liebte“ war ein brillanter Roman über das Leben im heutigen New York, eine fiktive Geschichte von großer Realität. In ihrem neuesten Buch erzählt die Ehefrau von Paul Auster ihre Geschichte, und diesmal liest sie sich fast wie Fiktion. Es geht um ein mysteriöses, beängstigendes Zittern, das die Autorin befallen hat, das sie ängstigt und das sie auf die Spur des eigenen Ichs führt. Tatsächlich nicht fiktiv.

Es geschah 2006, knapp drei Jahre nach dem Tod ihres Vaters. Als sie eine Rede hält für den früheren Professor beginnt sie plötzlich zu zittern. Kurz darauf dasselbe Symptom, nur schlimmer. Nicht nur Hustvedt ist ratlos, auch die Ärzte: „Es müssen die Ärzte sein.“

Und wie das – im besten Fall – sein soll: Die gefeierte Schriftstellerin beginnt sich selbst zu erforschen, sich und ihre verborgenen Leiden. Körper und Geist sind eins. Das Zittern ist das körperliche Ausagieren einer inneren Spannung. So einfach ist das und so richtig.

Und doch rutscht sie niemals ab ins allzu Private. Im Gegenteil: Sie benutzt sich selber, um die Gesetzmäßikeiten zu beschreiben, die unser aller Gesundheit bestimmen. „Die zitternde Frau fühlte sich wie ich an und zugleich nicht wie ich. Vom Kinn an aufwärts war ich mein vertrautes Selbst. Vom Hals an abwärts war ich eine geschüttelte Fremde“, schreibt Hustvedt. Und dank ihrer Auseinandersetzung ist sie nicht mehr nur Patientin sondern genauso Ärztin.

Darum auch der Eindruck, dass sie nicht eine sondern zwei Geschichten in diesem famosen Essay vereint hat: Einer über die Suche nach den Ursachen der Krankheit und eine über die großen Chancen, die die neue Wissenschaft der Neuropsychiatrie heute bietet.

Un so kommt sie zu der Erkenntnis, dass die Krankheit zu (ihre)m Leben gehört. So einfach das klingt, so schwer ist es, die zu akzeptieren. Schon allein deshalb möchte man dieses Buch in einem Rutsch bis zum Schluss lesen.

Bewertung: ****



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