Die Zwiespältigkeit des aufbrechenden Südafrikas

Südafrika ist ein in vielerlei Sicht erstaunliches Land: Nach Jahrzehnten der Unterdrückung ist der einstige Apartheid-Staat trotz vieler Probleme heute der wirtschaftliche Schrittmacher auf dem Kontinent und sogar Austragungsort der Fußball-WM. Auf der anderen Seite stehen weltweit rekordverdächtige Aids- und Kriminalitätsraten. Literarische Zeugen dieser Gegensätze sind  Damon Galgut und Malla Nunn.

Die Titel:

Damon Galgut „Der Betrüger“;
Malla Nunn „Ein schöner Ort zu sterben“;

Damon Galgut „Der Betrüger“, 301 Seiten, 19,90 €, Manhattan, ISBN: 978-3442546497;

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In der Mitte seines Lebens ist Adam Napier aus Kapstadt am Ende: Er hat keinen Job mehr, kein Haus und will nun, wie in seiner Jugend, Gedichte schreiben. Von seinem Bruder bekommt er ein Haus in der Karoo, einer abgelegenen Gegend an, das dieser einst kaufte, aber nie bewohnte. Doch Adam, kommt nicht auf die Füße. Er selbst und alles um ihn herum verfällt.

Seinem Nachbarn Blom, der ihm helfen möchte, begegnet er mit Verachtung. Bis er eines Tages von Cannings, einem Bekannten aus der Schulzeit angesprochen wird. Zwar kann sich Adam an diesen nicht erinnern, gerät aber in den Bann des neureichen Farmers und dessen schwarzer Frau.

Cannings Farm Gondwana ist ein grünes Paradies in der tristen Halbwüste. Von hier aus treibt der skrupellose Betrüger seine Geschäfte, und Adam rutscht immer tiefer hinein, bis es zur Katastrophe für alle Beteiligten kommt …

Damon Galgut, Jahrgang 1963, schildert aus der Innenperspektive die gesamte Zwiespältigkeit Afrikas, einem Land, das sich im Aufbruch befindet, in dem aber Korruption, lange unterdrückte Gewalt und Glücksrittertum blühen. Und doch bleibt immer auch Optimismus und die Hoffnung auf den Sieg des Guten erkennbar

Damon Galgut in einem Interview: „Seit 14 Jahren als Demokratie versuchen wir, klar zu kommen und natürlich gibt es viele Dinge, die falsch laufen. (…) Aber da ist immer auch das Wissen, dass es noch viel schlimmer sein könnte. Wir wurschteln uns so durch, es gibt viele Kompromisse und es ist schwierig, wir befinden uns auf einem holprigen Weg, aber grundsätzlich ist es eine funktionierende Gesellschaft, eine funktionierende Demokratie und es gibt auch viel, auf das wir stolz sein können.“

Bewertung: ****

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Malla Nunn „Ein schöner Ort zu sterben“, 407 Seiten, 19,95 €, Rütten & Loening, ISBN: 978-3352007712;

Malla Nunn, geboren in Swasiland, blickt zurück in das alte Südafrika, in die Zeit, als es Weißen verboten war, Nicht-Weiße zu heiraten. Die Schriftstellerin verarbeitet in ihrer Rückblende auf die Situation 1952 auch Erfahrungen ihrer Eltern.

Die Unsittlichkeitsgesetze betrafen aber nicht nur eine Heirat, sondern es stand grundsätzlich unter Strafe, dass sich Menschen unterschiedlicher Hautfarbe nahe kamen. Letzte Instanz darüber zu wachen war der südafrikanische Geheimdienst.

Und mit dem hat es Polizist Emmanuel Cooper aus Johannesburg zu tun, als er wegen einer Mordermittlung in ein  Kaff an der mosambikanischen Grenze zu Mosambik fährt. Der örtliche  Polizeichef schwimmt tot im Fluss. Coopers Ermittlungen erregen Misstrauen, vor allem in der Familie des Ermordeten, die von der Reinheit der Rasse träumen.

Der tote Captain aber offenbar nicht. Er hatte sich in eine junge Schwarze verliebt, pornografishce Fotos gemacht und sie sich dann als „Nebenfrau“ geangelt. Je tiefer der auswärtige Ermittler in diesen Sumpf eindringt, umso mehr gerät er selber in Gefahr …

Für Malla Nunn ist die Kriminalgeschichte nur die Kulisse für ihre Beschreibung der unmenschlichen Apartheids-Gesellschaft. Bilderreich, mit Sinn für Details erzählt sie ein ungewöhnliche geschichte mit einem ungewöhnlichen Schauplatz.

Wie sagte sinngemäß vor 25 Jahren Richard von Weizsäcker: Wir müssen die Geschichte kennen, um die Gegenwart zu verstehen. Malla Nunns Buch ist ein guter Einstieg für Südafrika.

Bewertung: ****



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