Das alte Irland zwischen Religion, Armut und Suff

Flann O’Brien „Das harte Leben“, 160 Seiten, 16,90 €, Verlag Kein & Aber, ISBN: 978-3036951195;

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Den 1966 verstorbenen Flann O’Brien eilt der Ruf eines genialen Denkers voraus. Bizarre Charaktere und Wortspiele zeichnen ihn und seine fiktive Autobiografie aus und der geniale Übersetzer Harry Rowohlt hat das Werk originalgetreu rekonstruiert.

Flann O’Brien gilt heute als einer der bedeutendsten irischen Schriftsteller. In „Das harte Leben“ hat er eine fiktive Autobiografie geschrieben – es ist der achte und letzte Band seiner Werksausgabe.

Noch einmal saufen, leiden und fabulieren auf Irisch: Die respektlose Komödie und unbarmherzige Satire vereint die besten irischen Tugenden des Erzählens und ist ein Panoptikum irischer Exzentrik, bevölkert von fanatischen Wohltätern, lasterhaften Priestern und frühreifen Jugendlichen.

Das Irland, das O’Brien beschrieb, gibt es schon lange nicht mehr. Der Wirtschaftsboom der letzten 20 Jahre, verursacht durch den EU-Beitritt, hat die Insel zu einem Boomstaat werden lassen.

Dichter wie Flann O’Brien haben dem alten, dem armen, versoffenen und religiösen Irland ein Denkmal gesetzt. Die Küchengespräche zwischen zwei Priestern gehören zum Höhepunkt des dünnen Bandes. Deren Mitgefühl für die Mitbürger, die sich nicht einmal billigen Fusel leisten können, sondern Haaröl saufen.

Flann O’Brien schrieb leider nicht so viele Bücher, wie sich seine Fans das gewünscht hätten. Der Ministerialbeamte hatte schlicht zu wenig Zeit, weil er nebenbei auch als Journalist tätig war. Von 1940 bis zu seinem Tod 26 Jahre später war er Kolummnist der Irish Times.

Cruiskeen Lawn – zu gut Deutsch: Der Volle Krug – war wohl eine der erfolgreichste Kolumne in der Geschichte des Journalismus. O’Brien, dem als Staatsdiener ein Nebenjob nicht erlaubt war, schrieb die Kolumne unter dem Pseudonym Myles na gCopaleen.

„Das harte Leben“ ist absolut lesenswert für Freunde Irlands, klar und direkt in der Sprache. Ein Schnulzenwerk à la „Asche meiner Mutter“ ist es nicht, da trifft O’Briens Eigenbewertung viel besser. Er nannte „Das harte Leben“ eine „Exegese der Verkommenheit“.

Bewertung: ****

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