Die Bayreutherin, die Polen regieren sollte

Hans-Joachim Böttcher „Christiane Eberhardine“, 352 Seiten, 24,90 €, Dresdner Buchverlag, ISBN: 978-3941757257;

August der Starke, ja, der ist auch geschichtlich nicht so bewanderten Menschen ein Begriff, als sächsicher Herrscher, der sich zum König von Polen wählen ließ und dazu vom lutherischen zum katholischen Glauben wechselte – ein Triumph für die Gegenreformation Ende des 17. Jahrhunderts. Aber August oder korrekter Friedrich August hatte auch eine Gemahlin, die nicht ohne war. Obwohl die Ehe aufgrund der amourösen Avancen des Fürsten sehr bald nur noch auf dem Papier existierte, hinterließ auch die Bayreuther Markgrafentochter ihre Spuren auf dem Feld der Geschichte.

Nein, die Kurfürstin Christine Eberhardine war keine starke, machtbewusste Frau – im klassischen Sinne, aber sie war in ihrer Jugend eine begehrte Schönheit, sie war klug und vor allem war sie sehr religiös. Und darum widersetzte sie sich auch ihrem Gemahl, als dieser auch sie zum Katholizismus zwingen wollte. Sie blieb in Sachsen, er regierte Polen. Und auch der Thronfolger durfte Lutheraner bleiben.

Hans-Joachim Böttcher, bis 2008 Denkmalpfleger in Sachsen, erzählt die Geschichte der Adeligen in allen Facetten. Er zitiert aus Briefen und beschreibt ihre Nähe zum Elternhaus, den Markgrafen von Bayreuth-Brandenburg. Ihr Vater Christian Ernst tat sich hervor bei allerlei Feldzügen gegen Türken und Franzosen, in denen er sich mit seinen Soldaten für die bedeutenden Herrscher schlug und dabei seine Bayreuther in Schulden stürzte, und auch seine Ehefrau, Christines Mutter, reiste für ihr Leben gern und setzte mehr als einmal ihr Leben aufs Spiel.

Eine bunte Geschichte, die Böttcher erzählt, aus der Perspektive eines Fakten orientierten Historikers – die Leichtigkeit im Schreiben vermisst der Leser angesichts der Faktenfülle an vielen Stellen. Aber das Leben der Christine Eberhardine ist es wert, erzählt zu werden, exemplarisch für das Leben an Fürstenhöfen im 17. Jahrhundert, das nicht so prunkvoll war, wie man heute glauben mag, an denen Intrigen eine wichtige Rolle spielten und die hohe Politik und der Versuch, aus allen möglichen Quellen an Geld zu kommen. Wer die täglichen Nachrichten verfolgt, weiß wie schwierig das schon damals gewesen sein muss.

Und Christine Eberhardine, die Gottesfürchtige, war in Sachsen durchaus beliebt. Immerhin war es Johann-Sebastian Bach, der ihr die Trauermusik schrieb, als sie mit 55 Jahren starb: „Lass, Fürstin, lass noch einen Strahl“, heißt es bei dem großen Komponisten ehrfurchtsvoll. Auch wenn die Fürstin keine bedeutende Politikerin war,  „keine große“ Frau, wie ihr Biograf schreibt, der Mantel der Geschichte hat sie nicht vergessen lassen – zu Recht.

Bewertung: ****


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