Die Erinnerungen eines alten, verkannten Genies

Friedrich Christian Delius „Die Frau, für die ich den Computer erfand“, 288 Seiten, 19,90 €, Rowohlt, ISBN: 978-3871346422;

Delius_PC

Kennen Sie Konrad Zuse? Nein? Da sind sie sicher nicht allein. Dabei geht auf den deutschen Tüftler, der 1995 im gesegneten Alter von 85 Jahren starb, die wichtigste Entscheidung der Neuzeit zurück: Der Computer. F.C. Delius hat nun den Versuch unternommen, den Ruf des verkannten Genies wiederherzustellen, auf seine Weise.

280 Seiten lang monologisiert der alte Zuse – fiktiv natürlich. Ein ungenannt bleibender Journalist führt ein  Gespräch mit dem schon 84 Jahre alten Erfinder. Dieser war dazu nur bereit, wenn es in einer Vollmondnacht im Juli 1994 stattfindet, exakt von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens.Eine feine Idee, aber nicht ohne Risiko, denn ein Monolog kann ziemlich langatmig werden.

1941, mitten im Krieg, hatte Zuse in Berlin die Z3 vorgestellt, die erste funktionierende, digitale Rechenmaschine. Niemand ahnte, was Zuse gelungen war – uznd das gilt bis heute. Zuse, der viele Jahre um seine Patente stritt und ohne den Bill Gates niemals der reichste Mensch auf Erden geworden wäre,  ist ein verkanntes Genie geblieben.

Ob das damit zusammenhängt, dass er für die Nazis in der Flugzeugproduktion tätig war? Oder damit dass Zuse eine grenzwertige Persönlichkeit war? Delius dichtet ihm eine Beziehung zu einer britischen Mathematikerin an. Ada Lovelace  (1815 bis 1852) war sozusagen eine Vorgängerin Zuses. Sie gilt als erste Programmiererin für die damals noch rein mechanische Rechenmaschine.

Ach, wie hatte ich mich auf dieses Buch gefreut, weil mich Konrad Zuse von jeher interessiert und ich Delius als gründlichen Rechercheur kenne. Und dann versemmelt er die Geschichte leider – und zwar aus formalen Gründen.

Die Irrungen und Wirrungen des alten Mannes sind über die Länge der Geschichte kaum zu ertragen. Der fiktive Journalist ist leider keiner, denn er liefert nur Stichworte, anstatt Zuse ab und zu wieder in die Realität zurückzuholen.

Schade, denn Zuse ist wirklich ein spannender Typ.

Bewertung: ***

Short URL for this post: http://bit.ly/9AnkjG
Diesen Beitrag bookmarken bei Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • MisterWong
  • Y!GG
  • Webnews
  • del.icio.us
  • Facebook
  • Technorati
  • Google Bookmarks
  • YahooMyWeb
  • TwitThis
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Roman von Joachim. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Joachim

Es gibt auch lesenswerte Bücher, die nicht in den Spiegel- und Focus-Bestsellerlisten auftauchen. Ein paar davon findet ihr hier. Lest selbst ...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert