Peter Stamm „Sieben Jahre“, 297 Seiten, 18,95 €, S. Fischer, ISBN: 978-3100751263;
Ein Mann zwischen mit zwei Frauen: Verheiratet ist Jungarchitekt Alexander mit Sonja, einer Frau wie aus dem Katalog, schön, klug und beruflich erfolgreich. Wirklich geliebt wird er von Iwona, einer zugewanderten Polin, die sich illegal in München aufhält und noch dazu körperlich wenig attraktiv ist. Dafür aber gibt sie sich Alex bedingungslos hin.
Alex‘ Beziehung zu Sonja ist so eine von diesen Es-musste-ja-so-kommen-Beziehungen, irgendwie zwangsläufig, nicht unbedingt geleitet von Liebe, wie ihr erstes Date zeigt: „Ich glaube, sie wartete darauf, dass ich sie küsse, jedenfalls schien es sie nicht zu überraschen, als ich es tat.“
Als er Iwona trifft, entwickelt Alex hingegen heftige Gefühle. Nicht nur, dass er sich in ihrer Gesellschaft frei und ungezwungen fühlt, zwischen ihnen entwickelt sich eine ganz andere Sexualität. „Ich war fast bewusstlos vor Lust …“. Dann gebiert die Polin sogar ein Kind.
Was furchtbar kitschig klingt, beinahe wie ein Courths-Mahler-Roman, ist alles andere als das: kein glockenhelles Idyll, sondern eine Identitätskrise, in der alle drei stecken. Auch dass Sonja Iwonas Kind am Ende adoptiert, ist kein Happy-End, sondern Ausdruck einer Tragödie.
Der Reiz des vierten Romans des 1963 geborenen Schweizer Schriftstellers besticht durch seine klare, fast lakonische Sprache. Ohne gefühlig oder angestrengt zu wirken, schildert er die Tiefe und Komplexität menschlicher Beziehungen. Am Ende geht alles den Bach runter, oder wie Alex sagt: „Hast du das nie erlebt, dass du etwas getan hast, obwohl du wusstest, dass es falsch war?“
Aus dem Leben gegriffen, puristisch ohne zu langweilen.
Bewertung: ****
