Georg, der Zierfisch, und das pralle Leben

Robert Seethaler „Die weiteren Aussichten“, 316 Seiten, 19,90 €, Kein & Aber, ISBN: 978-3036955254;

Mit Herbert S. wollte schon im Kindergarten niemand spielen. Er hatte immer schwitzige, Hände, bewegte sich ungelenkt und trug so eine merkwürdige Mütze. Als er 27 ist, da hat er nur noch einen Freund, einen  Goldfisch. Da begegnet ihm Hilde, etwas dick, etwas schweigsam, aber total verliebt in Herbert, den Schlacks.

Der Niederösterreicher Robert Seethaler,  42, erzählt die Geschichte von zwei Außenseitern, gefühlvoll, mit viel Humor – so wie das Leben so spielt. Und er erzählt einen Provinzroman, ausgerechnet Seethaler, der eingefleischte Großstadtmensch.

„Und bekanntlich ist es ja oft so: In Momenten, wo gar nichts und überhaupt nichts mehr geht, kommt auf einmal doch noch etwas daher. Etwas, das einen durchbeutelt, herumreißt und einen erwischt, irgendwo tief drinnen, und einem das leere Herz, das leere Hirn (…) füllen kann.“

So ist das, wenn dem Herbert die Liebe begegnet, in Gestalt der fetten, schweigsamen Putzfrau Hilde. Wegen ihr krempelt der junge Mann sein ganzes Leben um, ja er springt im Schwimmbad sogar vom Fünf-Meter-Brett, gibt seinem ewigen Unterdrücker, dem versoffenen Greiner, Kontra, ebenso wie dem Bürgermeister, der ihn gerne wie einen Sklaven behandelte.

Aber das Leben ist kein Schlachtsaufest. Herberts Mutter kommt totkrank ins Krankenhaus, es gibt eine wüste Schlägerei, und so entschließen sich Hilde und Herbert fortzugehen aus dem Dorf und nur Georg, den Zierfisch, mitzunehmen.

Denn: „So ein Fisch hat es gut, schwimmt hin und her, frisst, scheisst, alles im selben Wasser, hängt an der Scheibe, schaut und hat ansonsten keine weiteren Bedürfnisse, schön muss das sein.“

Ein gemütliches Buch, voll mit Situationskomik, die wir Piefkes bei unseren südlichen Nachbarn so schätzen, die ironische Distanz zum eigenen Hier und Jetzt. Da kommt so ein Außenseiter wie Herbert gerade recht, wie er sich mit Mutter und Geliebter auf eine weite Reise begibt.

Depressionen haben bei dieser bunten Liebesgeschichte keine Chance.

Bewertung: ****


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