Von Schuld und Unschuld der Liebe

Orhan Pamuk „Das Museum der Unschuld“, 650 Seiten, 24,90 €, Hanser, ISBN: 978-3446230613;

Über dieses Buch wurde so viel geschrieben wie über sonst keins diesen Herbst, und der Autor durfte sogar die Buchmesse eröffnen. Orhan Pamuk, der Pate der türkischen Literatur, das demokratische Gewissen seines Heimatlandes, der feinsinnige, bürgerliche Aristokrat hat wieder ein faszinierendes Buch geschrieben.

Zu erst einmal ist es ein Liebesroman. Es sind die 70er Jahre in Istanbul: Kemal, Zögling aus der westlich geprägten Oberschicht, liebt ein armes Mädchen, die wunderschöne Füsun. Der dekadente Kemal verfällt der Verwandten, ist aber zu gierig , die Beziehung mit seiner standesgemäßen Verlobten Sibel aufzugeben. Füsün verlässt Kemal.

Verzweifelt erkennt Kemal, dass er Füsun über alles liebt. Er sucht sie, doch es ist zu spät. Füsün hat einen anderen geheiratet. Kemal besucht sie acht Jahre lang – ohne, dass seine Liebe erfüllt werden kann. Er beginnt Gegenstände aus dem Alltag von Füsün zu sammeln und ein Museum aufzubauen, ein „Museum der Unschuld“, das eigentlich ein Zeugnis der Schuld ist, jenes Verrats, den Kemal an Füsün begangen hat und der nicht wieder gut zu machen war.

Pamuk schildert – wieder einmal – das Istanbul seiner Kindheit, das längst von der Moderne geschluckt worden ist. Die Gegensätze von Kemal und Füsün existieren fort, die Romantik blieb womöglich auf der Strecke. Das Buch ist nicht nur ein großer Liebesroman, es ist auch ein Buch über das Erinnern und das Vergessen.

Aber Pamuk hat nicht nur einen Roman geschrieben, das „Museum der Unschuld“ gibt es wirklich, eine Sammlung von Alltags-Gegenständen, für die Pamuk gerade unweit des Taksim-Platzes, im europäischen Zentrum der Metropole, ein altes Haus renovieren lässt.

Große Literatur!

Bewertung: *****

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