DDR-Journalisten als wichtige Stütze des Systems

Klaus Taubert „Generation Fußnote – Bekenntnisse eines Opportunisten“, 280 Seiten, 9,90 €, Schwarzkopf & Schwarzkopf, ISBN: 978-3896028112;

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Nicht mehr als „Fußnote der Weltgeschichte“ werde die DDR in Zukunft sein, prophezeite der DDR-Schriftsteller Stefan Heym, 1990, als sein Staat unterging. Klaus Taubert, einst Vizechef der staatlichen Nachrichtenagentur ADN, hat dieses Dichterwort nun zum Titel seiner Memoiren gemacht, der – wie der Untertitel heißt – „Bekenntnisse eines Opportunisten“.

Wer heute noch glaubt, die DDR sei ein marxistischer Arbeiter-und-Bauern-Staat gewesen, der nach dem Prinzip der Gleichheit der Menschen funktionierte, der ist entweder dumm oder grob desorientiert oder beides. Die DDR war, wie Taubert schreibt, „der Sieg der Parteibürokratie über den gesunden Menschenverstand“.

Und Taubert war einer der vielen Helferlein, die das Überleben der Nomenklatura sicherten. Journalist in der DDR sein, hieß der Partei verpflichtet zu sein, nicht der Wahrheit. Das hieß im Sinne von Staat und Partei zu schreiben (nicht zu berichten). Taubert gelang übrigens nach der Wende der Absprung. Er fand Beschäftigung bei Burda und Super-Illu.

Spannend ist diese Biografie vor allem für jene, die nicht verstehen, wie öffentliche Meinung in der DDR funktionierte, wie Journalismus in der Diktatur funktioniert? Opportunist Taubert stellt dies ganz offen dar, wie auch seine eigenen Pleiten. Er berichtet, wie Parteiparolen in jeder Situation die Richtung vorgeben.

Manche angebliche ADN-„Meldung“ kam direkt von Erich Honecker. Die Berichterstatter Propagandaschreiber mussten Tabu-Listen beachten: Da standen Begriffe drauf wie „Gemüse“ und „Südfrüchte“, auch Zahlen zur Getreideernte durften nicht gebracht werden. Und bei offiziellen Terminen durfte nicht fotografiert werden, wenn serviert wurde. (Über die Speisekarten der Staatsmenüs schrieb Taubert übrigens ein eigenes Buch: „Essen wie Erich“).

Klaus Taubert ist ein lesenswerter Beitrag zur deutsch-deutschen Geschichte gelungen. Schön, dass er ihn nicht kaum nutzte, um seine eigene Rolle in ein rosiges Licht zu setzen.

Bewertung: *****

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2 Gedanken zu „DDR-Journalisten als wichtige Stütze des Systems

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,
    die DDR hatte wenig Arbeitslosigkeit, viele ehrliche Menschen, viel Loyalität und kostenlose Bildung für Alle. Wenn heute ein DDR-Bürger an der Uni oder Fachhochschule Vorträge halten, ist zu spüren, dass hier fundamenatle Ausbildung vermittelt wurde.
    Kindermorde gab es nicht. Drogentote und Rechtsradikalismus auch nicht. Wir nehmen unss an der DDR ein Beispiel. Ich halte täglich Vorlesungen und halte das Vorbild DDR im In- und Ausland hoch. Es ist Zeit zu handeln…

  2. Lieber Rudi,

    das ist zwar kein Forum für politische Bekenntnisse, aber im Gegensatz zur DDR-Führung empfinde ich Meinungsfreiheit als herausragendes Gut. Trotzdem sei meine Frage gestattet: Glaubst Du wirklich das, was Du schreibst? Dass nicht sein kann, was nicht sein darf, ist klar. Aber, dass niemand über Kindermorde, Drogentote und Rechtsradikale berichtete, richtig: berichten durfte, heißt nicht, dass es diese nicht gab.

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