Eine Revolutionärin über eine Revolutionärin

Jutta Ditfurth, „Ulrike Meinhof – Die Biografie“, 478 Seiten, 22,90 €, Ullstein, ISBN: 978-3550087288;

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Eine Revolutionärin schreibt über eine Revolutionärin: Jutta Ditfurth über Ulrike Meinhof, zwei radikale Linke, beide gescheitert. Die ehemalige Grünen-Chefin hat sechs Jahre lang über die Mitbegründerin der RAF recherchiert und distanziert sich von Zeitzeugen – wie dem Ex-Chef des „Spiegel“Aust.

Ganz ehrlich, ich habe Stefan Aust nie getraut: Wie er selbst kleinste Gesprächsdetails wiedergibt, ohne dabei gewesen zu sein. Und so tut, als ob alles wahr wäre. Ditfurth wendet sich ganz offen gegen Aust, wirft ihm vor, er habe oberflächlich recherchiert, wichtige Quellen nicht genutzt.

An der Rechercheleistung Ditfurths gibt es keinen Zweifel. Sechs Jahre hat sie an dem Buch gearbeitet, viel Zeit erklärbar mit der Faszination, die die eine auf die andere Frau ausübt. Und so erfährt der Leser nicht nur viel über die RAF-Ikone Meinhof, sondern fast ebenso viel über die Fundi-Ikone Ditfurth.

Den Ausbruch der anerkannten Journalistin Ulrike Meinhof aus der Nachkriegs-Gesellschaft erklärt ihre Biografin mit deren Empörung gegen den Umgang mit der Nazi-Zeit.

Die exzellente Schreiberin erzählt das Leben der Meinhof wie einen Roman. Ihr Quellenstudium hat zu neuen Einsichten geführt. So habe die Terroristin Anfang der 70er Jahren homosexuell gelebt und keinesfalls eine Beziehung zu Andreas Baader gehabt. Auch sei sie im Gefängnis nicht – wie man bisher annahm – mit den anderen Mitgliedern der Gruppe zerstritten gewesen.

Jutta Ditfurth zu lesen, lohnt sich immer. Ob man ihr alles glaubt, und wie man mit ihrer Arroganz zurecht kommt, entscheide jeder für sich. Eine Frage allerdings beantwortet auch Ditfurth nicht: Starb die Meinhof 1976 im Gefängnis in Stammheim durch eigene Hand oder nicht?

Ein Stück Zeitgeschichte, an dem man sich wunderbar reiben kann.

Bewertung: ****

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