Verlogene Liebe ohne jeden Skrupel

Gisela Heidenreich, „Sieben Jahre Ewigkeit“, 431 Seiten, 19,90 €, Droemer-Verlag, ISBN: 978-3426273814;

heidenreich.gif

Nicht zu wissen, wer man ist. Von der eigenen Mutter als Kind von deren Schwester ausgegeben zu werden. Als die studierte Familientherapeutin Gisela Heidenreich mit 50 Jahren anfing, ihre Biografie zu erforschen, stieß sie auf den „Lebensborn“, Ihr neues Buch setzt mit dem Tod der Mutter ein und schildert eine ungewöhnliche Liebesgeschichte in den 50er Jahren.

Das Geheimnis von „Das endlose Jahr“ , das ein Bestseller und bereits verfilmt wurde, war die persönliche Betroffenheit der Autorin. Aufgewachsen als Produkt einer Menschen verachtenden NS-Züchtungsprogramms – äußere Merkmale: groß und blond – in Bad Tölz und München, bei einer gefühlskalten Mutter, entdeckt sie nach deren Tod eine Sammlung Liebesbriefe. Sie gehen an eine Mann mit wechselnden Pseudonymen und Adressen. Ein erneutes Geheimnis?

In der Tat: Mutter Edith hatte 1947 im Gefängnis in München, wo sie als Zeugin interniert war, einen ehemals hohen NS-Beamten und SS-Offizier kennengelernt – angeklagt wegen Beihilfe zum Judenmord in 356 624 Fällen. Die große Liebe, sie überdauert auch die Flucht Horst Wagners nach Rom. Das „Herzelein“ und „Pappilein“ aus Giselas Kindheit konnte sich bis zu seinem Tod 1977 einer Verurteilung entziehen.

Sieben Jahre lang dauert die Ewigkeit. So lang führt Edith ein Doppelleben – und gibt ihrem Geliebten all das an Liebe, was die Tochter nie erfuhr. Nicht an eine „körperliche Zärtlichkeit von ihr“ kann sich Gisela Heidenreich erinnern. Doch es geht in dem Buch nicht allein um Erinnerungen. „Sieben Jahre Ewigkeit“ ist kein Geschichtsbuch, es ist ein Roman.

Und so hat die Autorin nicht nur 265 Briefe ausgewertet, sondern auch viele Details hinzugefügt – im Bestreben einen Kontext zwischen der individuellen Geschichte und der gesellschaftlichen Realität der 50er Jahre zu schaffen – als man möglichst versuchte, zu vergessen, was gewesen war.

In der Fülle der Details geht unter, wann es um Fakten und wann um Fiktion geht. Den Leser verwirrt das. Und deshalb liest sich dieses Buch zwar gut, scheitert aber an seinem ehrgeizigen Anspruch.

Bewertung: ***

Short URL for this post: http://bit.ly/9p00p7
Diesen Beitrag bookmarken bei Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • MisterWong
  • Y!GG
  • Webnews
  • del.icio.us
  • Facebook
  • Technorati
  • Google Bookmarks
  • YahooMyWeb
  • TwitThis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert